Der epische Jahresrückblick

Also gut, schreibe ich mal einen Jahresrückblick. Ach, was sage ich ich, es ist DER Jahresrückblick. Quasi der Jahresrückblick der Jahresrückblicke. Die Mutter der Jahresrückblicke. Also mindestens. Wenn nicht sogar der Jahresrückblickendste. Zumindest, was mein Jahr angeht. Auf die Jahre Anderer mag durchaus auch abweichend zurückgeblickt werden können.

 

Dieses Jahr war besonders. Schon wieder. Fast bin ich soweit zu glauben, dass das Besondere der vergangenen beiden Jahre wohl das neue Normal der Zukunft werden wird. Ganz gebe ich die Hoffnung aber noch nicht auf. Jedenfalls war in diesem besonders besonderen Jahr mal wieder alles anders als sonst. Also außer vielleicht dem Jahr davor. Man konnte, wenn man denn etwas geplant hatte, es eigentlich getrost vergessen, weil es sowieso nicht klappte. Ich hab daher auch erst gar nichts geplant, was sich im Nachhinein wiederum nur als so halb erfolgreich erweisen sollte. Eine Orchideentour zum Beispiel hatte ich nicht geplant. Weil im Fühjahr niemand wollte, dass jemand herumreiste und die damalige Virusvariante in der Welt verteilte. Daher bin ich schön zu Hause geblieben und hab das germacht, was man zu Haus so macht:

 

Zuerst etwas Eis fotografiert. Okay, das war in der Tat neu. Mach ich sonst, mangels Eis, eher nicht so.

Zum Glück war das mit dem Eis dann wegen fehlender Kälte recht schnell vorbei und ich konnte mich den jahrelang eingeübten Frühjahrsritualen widmen: Blausterne und Schlüsselblumen suchen und auf gutes Licht warten. Das hat dieses Mal so teilweise funktioniert. So richtig gute Sonnenuntergänge waren nicht dabei. Dafür gab es aber nach langer Zeit mal wieder Blausterne mit Eiskristallen. Da hab ich mich drüber gefreut. Aber so richtig lange währte die Freude nicht. Lag mit daran, dass ich zu der Zeit realisierte, dass das wieder "so" ein Jahr würde.

Erfreulicherweise ging es dann recht bald mit den Schmetterlingen los. Die Großen Füchse sind wieder ausgefallen, da ich mir noch immer keine neue Stelle gesucht habe, nachdem die großen Pappeln am Waldrand gefällt wurden. Dafür gab es aber recht viele Tintenfleck-Weißlinge und Aurorafalter. Problem wie immer, das Licht. Also dann, wenn ich Falter sah, konnte ich mit Sicherheit davon ausgehen, dass am nächsten Morgen die Sonne nicht herauskommen würde. Einige Treffer gab es dennoch. Und nach Jahren der Suche war endlich auch eine Paarung dabei.

Aurora? Da war doch noch was? Aber hallo - die Aurorapuppe, die ich im November des Vorjahres im Wald entdeckt hatte, die hab ich auch noch den Winter hindurch immer wieder fotografiert. Geschlüpft ist sie dann erst Ende April, die Dame. Hatte ich mir zwar extra einen Tag Urlaub genommen, den Schlupf aber dennoch knapp verpasst. Sehr knapp. Schön war´s trotzdem.

Als Orchideentourersatz mussten dann wieder die Purpur-Knabenkräuter in der Rheinaue herhalten. Nicht mal in´s Elsass fahren war im Mai drin. Keine schöne Erfahrung, wenn man das spontane Reisen über Grenzen hinweg gewohnt ist und nun daran erinnert wird, dass Grenzen doch noch existieren. Das Gute war, dass ich den Standort der purpurea´s nun schon ganz gut kannte, auch was die Lichtsituation anging und damit die morgendliche Hektik etwas geringer war.

Prinzipiell hätte ich zu der Zeit über eine Reise Richtung Südfrankreich oder zumindest in das Vercors nachgedacht, ging aber nicht. Blieb mir nur der Wald um die Ecke und das Fotoprojekt der Naturfreunde Rastatt, für das ich dann wieder Käfer fotografierte. Einige hübsche Rüssel- und Blattkäfer sah ich und auch die Hirschkäfer waren wieder zu finden - wenigstens was.

Außerdem gab´s zu der Zeit im Wald jede Menge Raupen und Puppen zu finden. Auch die hab ich ausgiebig fotografiert. Den Schlupf des Brombeer-Perlmuttfalters verpasste ich allerdings. Dumm gelaufen.

Ab Ende Juni hatte ich dann einen Monat frei. Was tun? Beste Apollozeit, aber wieder in die vollen Alpen? Frankreich, Italien und die Schweiz hatten alle unterschiedliche Einreise-, Quarantäne- und Testanforderungen. Also nix, um mal schnell von einem Tal in´s nächste zu fahren, wenn eine Grenze dazwischen liegt. Spanien hatte noch zu hohe Inzidenzen, die Pyrenäen fielen daher aus. Blieb der Norden. Norwegen ging nicht, die hatten Einreisesperre, ebenso Finnland. Schweden also. Schon wieder. Aber dieses Mal anders. So richtig in den Norden wollte ich schon immer Mal. Also auf die Schnelle die Route geplant, paar Karten besorgt, Fundorte gecheckt und los gings. Zusammenfassung: Geniales Wetter, aber viel zu warm und viel zu viele Stechinsekten. Nachzulesen hier: Weltanschauung

Gab aber dennoch einige hübsche Bilder und bleibende Erinnerungen. Mach ich wohl doch nochmal, dann aber mit besserer Vorbereitung und weniger spontan. Irgendwann.

An sich war das Jahr für mich an diesem Punkt fotografisch beendet: Orchideeen waren durch (die meisten und die noch erreichbaren), Apollos waren durch (die frischen zumindest) und Lust hatte ich auch keine mehr. Kam noch der Familienurlaub in Tirol mit einigen netten Begegnungen und zehn sehr schöne Tage an der Ardèche, die zumindest noch ein Wiedersehen mit dem Erdbeerbaumfalter brachten und einige Heu- und Fangschrecken.

Und seither? Nüscht. Arbeit. Herbst. Winter. Bilder sortieren und Bilder bearbeiten. Und das Nachdenken darüber, was denn nächstes Jahr werden könnte. Dabei schlechte Laune bekommen und wieder arbeiten und Bilder sortieren.

 

Aber gut, ist ja der normale Verlauf. Was wird nächstes Jahr? Keine Ahnung. Neue Virus-Varianten für´s Coroni-Sammelalbum, Einreisesperren zur Orchideenzeit in allen Ländern, die interessant wären. Und daher wieder neue Bilder aus der Rheinaue? Die Hoffung stirbt zuletzt. Geplant ist nichts, wäre ja auch fahrlässig. Falls es doch geht, werde ich versuchen in den Süden zu kommen und Orchideen zu sehen. Und im Sommer irgendwo Apollos. Wobei der Sommer ja eher weniger problematisch sein sollte. Vorbei sein wird dieser Mist vermutlich nicht mehr, wäre daher schön, wenn sich die um sich greifende Ignoranz der Leute und damit auch diese bekackte Pandemie irgendwie in den Griff kriegen ließe. Idealerweise durch Information und Einsicht. Merke ich aber gerade selbst beim Schreiben, wie sinnlos ein solcher Wunsch ist. Geht die Menschheit eben doch an der eigenen Blödheit zu Grunde, lässt sich wohl nicht vermeiden.

 

Und das Fazit dieses Jahrs? Es war nicht alles schlecht. Nur von meinen Bildern ausgehend sogar ganz gut. Hätte, hätte...naja.

 

Jedenfalls, trotz meiner schlechten Laune: Allen Mitlesenden wünsche ich, dass das neue Jahr zumindest nicht schlechter wird, als das zu Ende gehende. Besser wäre irgendwie auch schön. Kommt alle gut rüber und bleibt gesund!

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Kommentare: 2
  • #1

    Felix (Freitag, 31 Dezember 2021 11:35)

    Hoi!

    Hachja... Ist doch an sich ein schöner Jahresrückblick, da würde ich deinem "Es war nicht alles schlecht." direkt mal zustimmen, zumindest wenn ich "nur" deine Fotos anschaue.

    Irgendwie ging mir das Rentier unter dem Apollofalter bisher durch die Lappen. Wollte sogar fragen ob du das bisher noch nicht gezeigt hast, habe dann aber nachgeschaut und gemerkt, dass ich das echt übersehen habe. Das ist ja cool. Also das Foto.

    Ansonsten drängt sich mir der Gedanke auf, dass du wohl irgendwie mehr erlebt hast als ich dieses Jahr. Außerdem will ich jetzt direkt Frühling. Wobei der ist ja eh schon da. Ich gehe dann mal Schneeglöckchen fotografieren... ;)

    Viele Grüße und auch dir einen guten Rutsch ins neue Jahr, das sicher total super wird! Aber sowas von!
    Felix

  • #2

    Marcus (Freitag, 31 Dezember 2021 13:37)

    Ja dankeschön! Auch Dir einen Guten Rutsch!

    War leider das einzige Rentier in fotogener Umgebung. Die anderen waren entweder auf der Straße oder tot daneben.

    Ich glaube, ich könnte sogar kurzzeitig mit Schnee klarkommen, so zwischendurch, bevor der Frühling kommt. Heute flog schon ein vorzeitig erwachter Admiral durch´s Dorf, muss an sich Ende Dezember nicht unbedingt sein. Schneeglöckchen dann gern ab Ende Januar, bis dahin hab ich garantiert noch mit den alten Bildern zu tun.

    Viele Grüße
    Marcus