Scherbenhaufen

Heute gibt´s endlich die angekündigte Übersicht über die Objektive, die ich für die Pflanzenaufnahmen verwende. Hat etwas gedauert. Eigentlich wollte ich für jedes Objektiv auch ein Beispielbild mit dem gleichen Motiv dazu aufnehmen, davon bin ich aber wieder abgekommen. Zuerst, weil ich keinen Bock hatte, den ganzen Kram auf einmal in den Rucksack zu quetschen. Und dann auch, weil ich ohnehin die Linsen nicht alle für die gleichen Motive verwende, so dass ein entsprechender Vergleich nicht wirklich aussagekräftig wäre. Paar aktuelle und einige weniger aktuelle Beispielbilder gibt es aber dennoch.

Carl Zeiss Sonnar 1.8/135mm

Das ist an sich meine Immerdrauf-Linse für die Pflanzen-Fotografie. Und eigentlich auch generell mein Lieblingsobjektiv. Ist mit mehr als einem Kilo relativ schwer und kopflastig, liegt aber ohnehin meistens am Boden im Dreck (und meins sieht auch entsprechend aus). Es hat eine fantastische Schärfe bis in die Ecken bereits bei Offenblende sowie eine geniale Farb- und Kontrastdarstellung. Für Ragwurzaufnahmen oder Blausterne nutze ich es mit einem oder zwei Zwischenringen, die Vignettierung hält sich dabei in erfreulichen Grenzen. An sich ist die Nahgrenze aber auch ohne Zwischenring schon gut tauglich für akzeptable Abbildungsmaßstäbe. Ich verwende es meist bei Blende 2.2-4.5, je nach Abstand und Hintergrund. Das Bokeh ist ruhig und angenehm und auch auf Streulicht reagiert es sehr tolerant. Lässt sich gelegentlich auch durchaus für Schmetterlinge einsetzen, wenn man etwas mehr Umfeld braucht. Unten einige Bilder der letzten Tage (und einige ältere Orchideenbilder), die mit diesem Objektiv entstanden:

Sigma APO Macro 2.8/180mm

Das war das erste Makro-Objektiv, das ich mir gekauft habe. Ist mittlerweile gut 25 Jahre alt, wiegt mit 1,6 kg zu viel und ist an sich auch sonst nicht sonderlich praktisch: Zu groß, nur Maßstab 1:2 am Vollformat, die Stativschelle ist irgendwo zu weit vorne und zu weit weg vom Schwerpunkt angebracht und mit Streulicht hat es auch deutliche Probleme. Die Kontraste sind nicht die besten und die Farben - nu ja. Aber: Mit etwas mehr Hingabe bei der Nachbearbeitung haben die Bilder durchaus Potenzial. Vor allem hinsichtlich Freistellung bei Offenblende (ja, scharf isses) und auch Hinsichtlich des Bokehs hat es seine Stärken. Man braucht halt etwas Platz vor Ort, um es einsetzen zu können, weil die benötigten Abstände doch etwas größer sind, als beim 135er. Dafür taugt es gut für kleinere Pflanzen und trotz Maßstab 1:2 braucht man keinen Zwischenring. Ich nutze das meistens hier bei mir um die Ecke im Frühjahr. Für die Orchideentouren im Süden nehm ich es aus Gewichtsgründen allerdings nicht mit.

Minolta APO G HS 2.8/200mm

Das 200er Minolta wurde leider von Sony nicht übernommen und neu aufgelegt, so dass es nur gebraucht zu haben ist. An sich ist das ein ideales Objektiv, klein, leicht und knackscharf bei Offenblende mit einer hervorragenden Auflösung. Ich hab mir das früher nie leisten können und vor drei Jahren eins gebraucht gekauft. Jetzt verwende ich es gern für die Orchideenaufnahmen im Süden, weil es zusätzlich zum 135er den Rucksack und meinen Rücken nicht zu sehr strapaziert. Die Nahgrenze ist leider nicht wirklich praxistauglich, daher ist es fast nur mit Zwischenring im Einsatz. Übertreiben sollte man dabei auch nicht, da es dann auch noch zu Vignettierung neigt. Vielleicht besorg ich mir mal noch ein gescheites Achromat dafür. Dennoch eine nette Alternative zum 135er Zeiss unterwegs, wenn man mal einen engeren Bildwinkel oder die Freistellung größerer Pflanzen braucht. Dieses Jahr hatte ich es noch nicht im Einsatz, daher hier mal einige ältere Aufnahmen.

Meyer Görlitz Trioplan N 2.8/100mm

Ein altes manuelles Objektiv, eigentlich mit EXA-Bajonett, das ich mir mal auf Sony-A-Bajonett umgebaut habe. Nutze ich eher selten, weil´s doch einige Nachteile hat: Miese Nahgrenze, fürchterliche Kontraste, fast keine Schärfe und empfindlich bei Streulicht. Braucht man doch erheblichen Aufwand bei der Bildbearbeitung. Und doch passt es manchmal, wenn man einen speziellen Hintergrund braucht und die Helligkeitsunterschiede zwischen Motiv und Hintergrund nicht zu ausgeprägt sind. Die lustigen Kringel, die es aus Lichtreflexen zeichnet, sind so speziell, dass sich der Effekt doch recht schnell abnutzt. Ich nehme es ausschließlich mit Zwischenringen und trage es fast immer nur durch die Gegend. Ist aber auch nicht sonderlich schwer, so dass es nicht weiter auffällt, im Rucksack.

Minolta AF G 1.4/85mm

Das ist ein Objektiv, das sich für etwas mehr Umfeld anbietet. Hat einen Bildwinkel, der die Einbeziehung eines größeren Hintergrundbereiches ermöglicht - wenn der Hintergrund denn einbeziehbar ist. Ganz offenblendig ist es im Nahbereich (mit Zwischenring) eher soft, ab Blende 1.7 lässt es sich aber gut einsetzen. Oft verwende ich es nicht, ab und an passt es aber gut. Das Bokeh gefällt mir sehr, ist schön ruhig. Und es lässt sich auf Grund der angenehmen Abmessungen auch ganz gut immer dabei haben.

Sony SSM 2.8/300mm II

Okay, das ist jetzt nicht so wirklich ein Makro-Objektiv. Aber es funktioniert zumindest für mittelgroße Pflanzen wirklich gut. Nachteilig ist, dass es im Rucksack doch einen nicht unbedeutenden Teil des verfügbaren Volumens beansprucht und mit knapp zweieinhalb Kilo auch nicht dafür sorgt, dass ich noch viele andere Objektive gleichzeitig dabei haben möchte. Von der Abbildungsleistung ist es über jeden Zweifel erhaben und immer, wenn ich übermütig werde, nehm ich es einfach mal mit in den Wald. Da hat es dann den Vorteil, das es durch den engen Bildwinkel und die große Blendenöffnung viel unruhigen Hintergrund schluckt und den Nachteil, dass man verdammt viel Platz braucht, um nicht zu viel Gesprattel im Vordergrund zu haben. Für kleinere Pflanzen ist es auch nichts, da es mit Zwischenring schnell vignettiert. Mein diesjähriges Lieblingsbild der Schlüsselblumen habe ich mit diesem Objektiv gemacht (Bild 3/4).

Sony STF 4.5/135mm

Zum Schluss noch was spezielles: Ein Smooth-Transition-Focus (STF) Objektiv. Das hab ich seit kurzer Zeit, weil es bauartbedingt ein cremiges Bokeh mit größerer Schärfentiefe kombiniert und ich dachte, es wäre super für die räumlich ausladenderen Blüten der Ragwurze geeignet. Kann ich jetzt zur Zeit leider nicht wirklich testen. Probiert hab ich es mit Schneeglöckchen, Blausternen und Lerchenspornen. So es vor Ort gelingt, den Vordergrund zu beruhigen, gefallen mir die Ergebnisse bislang ziemlich gut. Ist gut Zwischenring-tauglich mit überzeugenden Farben und dank manuellem Fokus auch mit ausreichend Einstellweg versehen. Mit etwas mehr Übung kann ich mir das gut für kleinere Orchideen vorstellen. Schärfentiefe und Bokeh sind jedenfalls mal recht vielversprechend.

Seltener benutze ich noch das 2.8/105mm Sigma Macro EX (zum Beispiel für die Veilchen letzte Woche) und das 3.5/135mm Meyer Görlitz Primotar. Je nach Laune und Tagesform. Prinzipiell eignen sich aber für meine Art der Darstellung die eher hochgeöffneten, längerbrennweitigen Objektive am besten. Ein gescheites 1.4/50mm wäre vielleicht noch eine Option, wenn´s denn uneingeschränkt offenblendtauglich wäre. So richtig Lust auf noch mehr Objektive hab ich aber dank des bereits vorhandenen Glasgewichtes auch nicht unbedingt. Wer´s nachmachen will hat mit dieser Übersicht hier aber zumindest mal eine ganz lohnende Auswahl. Für die anderen Kamerahersteller kann man sicher zumindest bauartbedingte Ableitungen machen, auch wenn ich da keine speziellen Tipps zu einzelnen Objektiven geben kann.

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Kommentare: 2
  • #1

    Felix (Montag, 23 März 2020 10:29)

    Finde ich interessant. Besonders gut gewählt finde ich aber eindeutig den Titel. Passt absolut!

    Irgendwie beweist das ja auch, dass man mit jedem Objektiv gute Fotos machen kann (sofern es eben lichtstark ist oder viel Brennweite hat (oder beides zusammen ;) ))...

    Interessant finde ich vor allem das 135mm f4.5 STF. Das ist ja recht wenig Lichtstärke an sich, cool, dass es damit trotzdem so gut geht.

  • #2

    Marcus (Montag, 23 März 2020 11:43)

    Danke Dir! Ja, im Prinzip gehen schon ziemlich viele Objektive für so was. Der Spaßfaktor ist mit einigen aber deutlich höher, als mit anderen...

    Viele Grüße
    Marcus